Deutsche sind pünktlich, strukturiert, kalt.
Griechen sind faule Säcke.
Spanier schlafen und feiern nur und wissen nicht, was Arbeit ist,
Polen klauen und prostituieren sich.
Türken bringen ihre Frauen um.
Kennst Du diese Stereotypen oder Vorurteile?
Haarsträubend!
Hast Du Dich schon mal anders verhalten, weil von Dir kulturell etwas anderes erwartet wurde?
Darum geht es nämlich heute.
Vorurteile gibt es überall
Dass wir alle Vorurteile haben, das können wir nicht verneinen,
denn wir wachsen in Gesellschaften auf,
in denen Vorurteile vorherrschen.
Das schwierigste ist es, sich dessen bewusst zu sein,
sich zu sagen, dass es nicht auf eigene Erfahrung basiert,
sondern, dass man es gesagt bekommen hat.
Und… dass diese nicht wahr sind.
Wenn ich zum Beispiel aus Polen bin,
dann habe ich natürlich ein ganz anderes Bild über Deutsche,
als wenn ich in Uruguay aufgewachsen bin,
oder wenn ich mein ganzes Leben in der Mongolei gelebt habe.
Die Beziehung der verschiedenen Völker ist eine ganz andere.
Die Geschichte, die Politik, der Wunsch sich abzugrenzen.
Alles spielt eine Rolle beim Aufbau von Vorurteilen
Gibt es in Deutschland eigentlich irgendwelche Vorurteile gegenüber Uruguayer?
Hmm…Wohl kaum.
Einfluss in 2 Richtungen
Das Problem ist, dass Vorurteile uns beeinflussen:
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Sie beeinflussen unser Bild auf andere – sowohl positiv als auch negativ
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Sie beeinflussen auch uns selbst
Stellen wir uns eine Spanierin vor, die in München in einem Unternehmen arbeitet,
sich sehr gut durchsetzen kann und oft laut diskutiert.
Man würde von „ihrem feurigen mediterranen“ Temperament sprechen,
weil natürlich alle Arbeitskollegen diesen Stereotyp im Kopf haben:
„Kommt man aus dem Süden, ist man temperamentvoll“.
Das wiederholen die Kollegen dann immer gern, auch gern freundschaftlich,
und manchmal zum Necken.
Dabei gibt es wahrscheinlich eine große Menge an anderen Mitarbeitern, die genauso „feurig“ sind.
Wie beeinflusst dieser Stereotyp die Spanierin?
Sie hat natürlich keine Probleme sich damit zu identifizieren.
Denn wenn Stereotypen positiv besetzt sind,
hat man meist auch kein Problem sich damit zu identifizieren.
Das Problem kommt natürlich erst auf, wenn es negative Stereotypen gibt,
oder schlimme Vorurteile.
Nach den Ereignissen der Silvesternacht 2015 in Köln,
haben sich männliche Freunde von mir aus Marokko nicht mehr sehr wohl gefühlt.
Die Menschen verallgemeinern das Verhalten von „Nordafrikanern“.
Ein negatives Bild entsteht.
Man beäugt Männer kritisch, sobald man denkt, dass sie aus Nordafrika kommen könnten.
Durch die Verallgemeinerungen, die viele Menschen über „Nordafrikaner“ gemacht haben,
hat es die Art und Weise, wie meine Freunde leben, beeinträchtigt.
Sie sehen sich gezwungen, Erklärungen abzugeben oder haben unangenehme Begegnungen.
Negative Stereotypen und negative Vorurteile führen immer dazu, dass man sich sowohl rechtfertigen muss,
als auch Erklärungen abgeben muss.
Und das kann ganz schön nerven.
Verhaltensveränderungen
Vorurteile können weiterhin dazu führen, dass wir unser Verhalten verändern.
(Natürlich passiert dies nur, wenn wir uns in einem Land befinden, wo es starke Kulturkontakte gibt.)
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Entweder wir akzeptieren das Vorurteil/Stereotyp und verhalten uns dementsprechend.
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Oder wir machen genau das Gegenteil, was dieses Vorurteil von uns erwartet.
Ich habe in Spanien immer wieder Brasilianer getroffen, die sich gemäß dem „brasilianischen“ Stereotyp verhalten haben,
Samba getanzt haben,
obwohl sie eigentlich keine großen Sambatänzer waren,
immer spät zu den Verabredungen gekommen sind,
obwohl viele andere Brasilianer pünktlich erschienen.
Ich habe auch Deutsche gesehen, die vom „Stereotyp“ der Deutschen (organisiert, strukturiert, Arbeitstier) profitiert haben,
um neue Arbeitsstellen einfacher zu bekommen, obwohl ihr Ziel war,
den Strand und das Meer zu genießen.
Es gibt aber auch die Verhaltensänderung, die in die gegenteilige Richtung gehen.
Ich hatte hier in Berlin nach dem Preis und Zahlungsmodalitäten bei einem Tanzkurs nachgefragt.
Die Antwort war für mich nicht ganz klar und
so habe ich nochmal nachgehackt und dann hieß es:
Du kannst zahlen, wann Du willst. Wir sind hier nicht so Deutsch.
Meine Interpretation: Sie wollen sich vom Stereotyp: exakt, strukturiert, ordentlich distanzieren.
(In Barcelona habe ich das noch nie gehört: Du kannst zahlen, wann DU willst 🙂 )
Anderes Beispiel:
Vor ein paar Monaten habe ich mit einer Freundin eines Freundes gesprochen,
die mit 12 Jahren von Rumänien nach Spanien gezogen ist.
Sie berichtet, dass sie erst in Spanien mit dem Vorurteil konfrontiert wurde,
dass Rumäninnen „leichte Mädchen“ und Prostituierte sind.
Sie wollte damals als Jugendliche auf keinen Fall in dieses Klischee fallen und
hat sich nicht mit Jungs verabredet, hat ihre Bedürfnisse unterdrückt und nach dem Motto gelebt:
„Ich zeige bestimmte Seiten an mir nicht, weil sie Vorurteile bei anderen hervorrufen.“
Diese Situation hat sie bedrückt.
Irgendwann hat sie gemerkt (als sie bedeutend älter war), wie unsinnig dieses Verhalten war.
Diese Verhaltensweisen sind allerdings oft gängig bei Menschen,
die sich mit negativen Stereotypen und Vorurteilen auseinandersetzen müssen.
Wie ist es bei Dir?
Verhälst Du Dich manchmal anders?
Oder machst Du genau das Gegenteil und bestärkst das Vorurteil?
Es ist nicht einfach, diese Dinge herauszufinden.
Wie denke ich über mich selbst?
Bin ich wirklich so?
Oder bin ich nur so, weil man es von mir erwartet?
Oder will ich nicht so sein, weil man es von mir erwartet?
Man muss fähig sein, sich selbst zu beobachten, um das zu beantworten.
Erstmal nicht zu werten, sondern zu beobachten.
Man sollte ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie man sich selbst sieht und verhält.
Man sollte fähig sein, sein Verhalten und sein Denken zu hinterfragen.
Jeder Mensch verändert sich mit jeder Begebenheit.
Man kann also davon ausgehen, dass sich Menschen egal aus welchem Kulturkreis sie kommen,
sich verändern, insbesondere, wenn sie in einem anderen Land leben.
Die Herausforderung ist, sich von negativen Bildern zu distanzieren,
und zu versuchen, sich von Stereotypen und Vorurteilen zu befreien,
ein Selbstbewusstsein aufzubauen,
und dieses dann mitzuteilen.
Was meinst Du?
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